Therapie
Da es sich bei ZNS-Lymphomen in der Regel um sehr aggressive Lymphome handelt, die unbehandelt innerhalb einiger Wochen bis weniger Monate zum Tod führen, sollte ohne Verzögerung eine Therapie eingeleitet werden.
Anders als bei anderen Hirntumoren sollte eine komplette operative Entfernung des ZNS-Lymphoms nicht unbedingt angestrebt werden. Die Rolle der Chirurgie beschränkt sich bei den ZNS-Lymphomen überwiegend auf die Diagnosesicherung (siehe oben).
Eine ausschließliche Bestrahlung, die früher bei Patienten mit einem primären ZNS-Lymphom als Standardtherapie galt, führt bei der Mehrzahl der Patienten zu einem erneuten Auftreten der Erkrankung.
Für die chemotherapeutische Behandlung eines ZNS-Lymphoms ist es entscheidend, dass die verabreichten Substanzen die Blut-Hirn-Schranke durchdringen und damit im Gehirn wirken können.
Bei der Blut-Hirnschranke handelt es sich um eine natürliche Barriere zwischen dem Blutkreislauf und dem zentralen Nervensystem. Sie hat die Funktion, das Gehirn vor im Blut befindlichen Krankheitserregern und Schadstoffen zu schützen.
Sowohl die Wirkung als auch die Nebenwirkungen der unterschiedlichen Therapieformen hängen sehr stark vom Alter der Patienten ab. Deshalb gibt es in der Regel Unterschiede in der Behandlung älterer und jüngerer Patienten. Häufig wird die Therapie des primären ZNS-Lymphoms in eine einleitende Therapie (= Induktionstherapie) und eine nachfolgende Therapie zur Festigung des Erreichten (= Konsolidierungstherapie) unterteilt.
Induktionstherapie
Hauptbestandteil der Induktionstherapie ist die Substanz Methotrexat, und zwar unabhängig vom Alter der Patienten. Dieses Chemotherapeutikum hat sich über die letzten Jahrzehnte in der Behandlung von Lymphomen des Gehirns etabliert und wird hoch dosiert verabreicht. Weitere wichtige Substanzen, die sehr gut im zentralen Nervensystem wirken, sind Cytarabin, Ifosfamid und Thiotepa. Wie bei anderen Lymphomen hat außerdem der Antikörper Rituximab Einzug in die Therapie gehalten. Bei dieser Form der Antikörpertherapie heftet sich der Wirkstoff gezielt an bestimmte Oberflächenstrukturen der Tumorzellen und leitet so deren Zerstörung ein. Eine Kombination aus Chemotherapie und Antikörpertherapie wird als Chemoimmuntherapie bezeichnet. Sie stellt bei der Induktionstherapie vielerorts die erste Wahl dar.
Konsolidierungstherapie
Trotz guter Ansprechraten auf die Induktionstherapie kommt es häufig zu Rückfällen. Um dieses Risiko zu senken, wird eine Konsolidierungstherapie durchgeführt. Hier stehen prinzipiell die Strahlentherapie, die konventionelle Chemotherapie und die Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation (HDT-ASZT) zur Verfügung.
Da es nach einer Ganzhirnbestrahlung oft zu neurologischen (Spät-)Folgen kommt, die die Gedächtnisleistung und die Lebensqualität beeinträchtigen, werden meist alternative Ansätze wie die konventionelle Chemotherapie und HDT-ASZT verfolgt. Die Ganzhirnbestrahlung sollte nur in Erwägung gezogen werden, wenn eine Konsolidierungstherapie mit systemischer Chemotherapie nicht möglich ist oder das ZNS-Lymphom auf die verabreichten Chemotherapeutika nicht angesprochen hat.
Die HDT-ASZT ist die intensivste Konsolidierungstherapie, die bei geeigneten Patienten zu sehr guten Langzeitergebnissen führen kann. Bevor die Patienten eine hoch dosierte, das Knochenmark zerstörende, Chemotherapie erhalten, werden zunächst mittels eines speziellen Verfahrens Stammzellen aus ihrem Blut gesammelt (= Leukapherese). Diese werden in flüssigem Stickstoff tiefgefroren und nach dem Abschluss der Hochdosis-Chemotherapie aufgetaut und in den Blutkreislauf des Patienten zurückgegeben. Die Stammzellen siedeln sich danach im Knochenmark an und beginnen mit der Blutbildung.
Etwa 10 bis 14 Tage nach der Rückgabe der Stammzellen ist das Blutbild so weit wieder hergestellt, dass keine schwere Infektions- und Blutungsgefahr mehr bestehen sollte.
Therapie von älteren Patienten
Etwa die Hälfte der Patienten mit einem primären ZNS-Lymphom ist bei der Erstdiagnose 60 Jahre oder älter. Auch wenn einige dieser Patienten fit genug für intensive Therapieansätze sein können, sind viele auch nicht für die oben beschriebenen intensiven Therapien geeignet. Abhängig von ihren Begleiterkrankungen und ihrem Allgemeinzustand kommen für diese besonders empfindlichen Patienten weniger aggressive Therapieprotokolle zum Einsatz, z.B. Methotrexat allein oder die Kombination von Methotrexat mit Procarbazin. Der Antikörper Rituximab (s.o.) könnte auch Teil der Kombination sein. Die kontinuierliche Verbesserung der Chemotherapieprotokolle, insbesondere auch durch die Kombination mit anderen Chemotherapeutika sowie Antikörpern, ist Gegenstand aktueller Studien. Nach Möglichkeit sollten alle Patienten in klinische Studien eingeschlossen werden.