Häufigkeit & Ursache
Jedes Jahr erkranken in Deutschland drei bis fünf von 100.000 Personen an einer CLL. Die CLL ist die häufigste Leukämie (ca. 30% aller Leukämien) in Europa und Nordamerika und macht knapp 10% aller Non-Hodgkin-Lymphome aus. Betroffene, bei denen eine CLL erstmals diagnostiziert wird, sind im Durchschnitt 72 Jahre alt. Das Risiko, eine CLL zu entwickeln, nimmt dabei mit dem Lebensalter stetig zu. In den letzten Jahren wird die CLL öfter auch bei jüngeren Patienten diagnostiziert, weil inzwischen weitaus häufiger als früher routinemäßige Blutuntersuchungen vorgenommen werden. Vor allem aufgrund der demographischen Entwicklung - immer mehr Menschen erreichen ein hohes Lebensalter - bleibt die CLL eine Erkrankung des fortgeschrittenen Lebensalters. Männer erkranken häufiger an einer CLL als Frauen (Verhältnis ca. 2:1).
Trotz intensiver Forschungsbemühungen und zunehmendem Erkenntnisgewinn ist die Krankheitsursache der CLL immer noch weitgehend unbekannt. Vererbungsfaktoren scheinen bei der Entstehung der CLL eine Rolle zu spielen. So haben die Kinder von CLL-Patienten im Vergleich zur Normalbevölkerung ein erhöhtes Risiko, später selbst an einer CLL oder an einem anderen Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken. Für eine genetische Veranlagung spricht auch die regional unterschiedliche Häufigkeit der CLL. So ist die Krankheit in Asien selten, und asiatische Nachkommen, die in Nordamerika aufwachsen, entwickeln trotz westlicher Umwelteinflüsse ebenfalls nur selten eine CLL.
Darüber hinaus konnten in Studien einige Faktoren identifiziert werden, die möglicherweise mit einem erhöhten CLL-Risiko vergesellschaftet sind; hierzu gehören vermehrter Kontakt zu Herbiziden/Pestiziden, eine Neigung zu allergischen Erkrankungen sowie Hepatitis-C-Infektionen oder eine Vielzahl von Atemwegsinfekten in der Krankengeschichte.
Gene sind nicht nur bei der Krankheitsentstehung, sondern auch bei der weiteren Entwicklung einer CLL von Bedeutung. So werden in den entarteten CLL-Zellen häufig bestimmte Gen- und Genomveränderungen (Mutationen, Chromosomenanomalien) beobachtet, die das Wachstum der Leukämiezellen begünstigen bzw. ihr Absterben verhindern. Weil CLL-Zellen vom Immunsystem abstammen, finden sich auf ihrer Zelloberfläche bestimmte Eiweißstrukturen, an die bei gesunden Menschen sogenannte Antigene (z.B. Krankheitserreger oder Schadstoffe) binden und damit eine Immunantwort auslösen können. Zu diesen Oberflächeneiweißen gehört der sogenannte B-Zell-Rezeptor. Die Bindung und Stimulation unbekannter Antigene an B-Zell-Rezeptoren der CLL-Zellen, sowie die Interaktion der B-Zell-Rezeptoren untereinander ist - neben Genmutationen - ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung einer CLL. Ein zunehmendes Verständnis der mit den CLL-typischen Genmutationen bzw. der Stimulation des B-Zell-Rezeptors verknüpften Signalketten in der CLL-Zelle haben in den letzten Jahren zu einer verfeinerten Diagnostik bei der CLL geführt und neue Behandlungsansätze eröffnet.