Nebenwirkungen & Spätfolgen
Vorübergehende Nebenwirkungen der bei der CLL eingesetzten Chemo- und Immuntherapie sind Übelkeit und Erbrechen, Durchfall und Haarausfall. Ferner wird das Knochenmark vorübergehend geschädigt (Myelosuppression), was eine Verminderung aller Blutzellen (Zytopenie) nach sich zieht. Im Einzelnen resultieren daraus eine Leukopenie / Neutropenie (Absinken der weißen Blutkörperchen), Anämie und Thrombopenie (Absinken der Blutplättchen). Insbesondere die mit einer Schwächung des Immunsystems einhergehende Leuko- und Neutropenie einiger Therapeutika bergen das Risiko schwerer, lebensbedrohlicher Infektionen. Die Anämie kann vor allem bei alten, komorbiden Patienten zu Müdigkeit und Einschränkung der Lebensqualität führen (Fatigue-Syndrom).
Haben Patienten besonders viele Leukämiezellen, so kann die Verabreichung monoklonaler Antikörper (Rituximab, Ofatumumab, Obinutuzumab, Alemtuzumab) insbesondere während der ersten Infusion zu so genannten infusionsassoziierten Reaktionen führen, die einem allergischen Schocksyndrom ähneln können. Hohe Leukämiezellzahlen bergen darüber hinaus bei allen Behandlungsformen aber insbesondere beim Einsatz von Venetoclax die Gefahr eines Tumorlysesyndroms. Unter diesem Begriff werden verschiedene Stoffwechselstörungen zusammengefasst, die durch den raschen und erhöhten Abbau der im Körper abgetöteten Leukämiezellen auftreten können, wie z.B. akutes Nierenversagen. In diesem Fall ist manchmal eine intensivmedizinische Therapie notwendig.
Die Kinasehemmer Ibrutinib, Idelasib und Venetoclax schädigen das Knochenmark weniger stark als die Chemo- und Immuntherapie. Leukopenien/Neutropenien, Anämien und Thrombopenien sind bei dieser Behandlung zwar weniger häufig, gehören jedoch trotzdem zu den wichtigsten zu beachtenden Nebenwirkungen der neuen Substanzen. Darüber hinaus haben die Kinasehemmer andere Nebenwirkungen, welche widerum weniger häufig bei der Chemo- und Immuntherapie zu finden sind. Dazu gehören beispielsweise Herzrhythmusstörungen, Blutungen (v.a. Hauteinblutungen), Durchfall und ein Anstieg der Leberwerte bei Ibrutinib, schwerwiegende Infektionen bei Idelalisib und Tumorlysesyndrome bei Venetoclax.
Andere Kombinations- und Polychemotherapien können zur Schädigung bestimmter Organe führen (z.B. Herzschwäche, Nervenschädigung, Blasenschleimhautschädigung). Die Nebenwirkungen einer allogenen Blutstammzelltransplantation sind sehr vielfältig und nicht selten lebensbedrohlich (Abstoßungsreaktion, opportunistische Infektionen, Organversagen). Alle chemotherapeutischen Behandlungsformen der CLL sind keimzell- und fruchtschädigend, so dass Patienten im zeugungsfähigen Alter während der Behandlung eine Kontrazeption betreiben müssen.
In den meisten Fällen ist die CLL nicht heilbar. Mit modernen Therapieregimen lässt sich der natürliche Krankheitsverlauf jedoch immer länger hinauszögern, so dass weitere Spätfolgen der Behandlung zunehmend in den Vordergrund rücken. Dies sind in erster Linie Zweitkrebserkrankungen, deren Häufigkeit und Art der erhaltenen Therapie und patienteneigenen Faktoren abzuhängen scheint und bislang nicht sicher beziffert werden können.